Licht und Schatten...

 

So wie einst die Alliierten die deutsche Festung der Normandie stürmten, stürmt ein kleiner Freund die Festung im Reich der Schatten - meine Festung. Seit dem Tage, an dem er sich in meinem Umfeld aufhält, steht meine Festung unter schwerem Beschuss. Beharrlich kämpft er sich voran, trotz allem Widerstand meinerseits. Ich stehe dem förmlich machtlos gegenüber. Alle Anderen konnte ich mir fern halten, nur bei ihm funktioniert es nicht und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er den "Kern" berühren wird. Ich muss zugeben, dass es mir Angst macht. Es ist weniger die Angst um mich, die mich quält, es ist die Angst um ihn. Ob er weiß, was ihn erwartet, wenn erst die Mauer durchbrochen ist? Oftmals dachte ich: "Fall doch mit der Tür ins Haus und sag's ihm einfach, damit er weiß, worauf er sich einlässt". Nun, dafür dürfte es wohl zu spät sein, es würde mehr schaden als nützen. Er soll es langsam erfahren, alles zu seiner Zeit. Schlussendlich soll er selbst entscheiden, wie weit er gehen will. Vielleicht wird auch er eines Tages diese Zeilen lesen - wer weiß. Ich muss gestehen, er ist mir in der Zeit, in der wir uns kennen sehr ans Herz gewachsen. Trotz aller Trostlosigkeit, ist er das Beste, was mir passieren konnte. Er ist das Leben, das Licht und das Glück, welches mir die vielen Jahre verwehrt blieb. Oftmals finde ich keine Ruhe, weil ich nicht weiß, wie es ihm geht oder ob er auf Arbeit zurecht kommt. Ich gebe mir alle Mühe, dafür zu sorgen, dass es ihm gut geht, selbst wenn ich dafür durch die Hölle gehen müsste. Ich versuche ihn in Schutz zu nehmen, soweit ich das kann, denn ich weiß nicht, ob ich die Kraft hätte einen dritten Freund zu verlieren...

 

Am "Tag des Lichts" an dem wir uns das erste mal außerhalb der Firma bei ihm zu Hause trafen, sprachen wir sehr lange miteinander. Ich wollte eigentlich nur eine ziemliche Dummheit, die ich begang, aus der Welt schaffen und mit ihm reden. Ich hatte mich einen Tag zuvor in seiner Gegenwart ziemlich im Ton vergriffen und ihm gewaltig vor den Kopf gestoßen. Es brannte mir auf der Seele und ich wollte es loswerden. An diesem Tag musste ich einsehen, dass ich Vieles erst wieder lernen muss. Vertrauen zum Beispiel, oder die Gefühle Anderer zu respektieren. Wir redeten über drei Stunden lang. Über mich und meine Vergangenheit, über ihn und sein Leben, seine Familie und ich erfuhr Dinge von ihm, die mir vertraut waren. Schöne Dinge, aber auch Nachdenkliches und zu tiefst Erschütterndes. Nach einer Weile wurde mir klar, warum es mir nicht möglich war, ihn von mir fern zu halten. Er ist wie ich ein "Kind der Schatten". Doch hat er den Weg zurück ins Licht gefunden - und ich...? Ich werde ihm folgen. Es wird nicht einfach werden, aber ich habe in ihm einen Freund gefunden, der mir die Kraft dafür gibt. Er ist mir sehr wichtig und das weiß er. Er ist seit nunmehr acht Jahren der erste richtige Freund und nun der Hüter des Kerns und diesmal wird selbst der Tod uns nicht scheiden können...! Wenn er springt, springe ich auch!

 

                                 


 

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